Alles ist gut, wenn alles glatt geht!


Mein perfektes Weihnachten:
Pastorin Susann Golze liebt die Festtagsarbeit auch nach 23 Dienstjahren.
(Zeitungsbericht von Susanne Jasper, Braunschweiger Zeitung - 21.12.2013)

Nicht erst auf der Fahrt zum Pfarrhaus in Bortfeld habe ich überlegt, was wohl für eine Pfarrerin ein perfektes Weihnachtsfest ausmacht. Vielleicht ist es der Moment, wenn alle Predigten gehalten sind und der Stress nachlässt. Der Augenblick, da die Botschaft der Weihnacht, nämlich die Ankunft des Herrn, in aller Stille im Pfarrhaus im Schein einer Kerze gefeiert wird.

Zwischen Tannenbaum und Krippe trifft Susann Golze in der
Kirche von Bortfeld letzte Vorbereitungen für Weihnachten.
(Fotos: Jasper)

Als Susann Golze (52) in ihrem Büro den Tee Marke Weihnachtszauber neben die selbstgebackenen Plätzchen gestellt und sich gesetzt hat, erzählt sie, daß sie im Vorfeld unseres Gespräches auch intensiv darüber nachgedacht hat, was für sie als Pfarrerin Weihnachten zu einem perfekten Fest macht:
Ganz oben steht, daß alles glatt geht!"

Dass es Susann Golze, Pfarrerin in St. Matthias in Wedtlenstedt und St. Georg in Bortfeld, zu Weihnachten besonders am Herzen liegt, daß alles wie am Schnürchen klappt, kommt nicht von ungefähr. In meiner ehemaligen Gemeinde im Bereich Knigslutter hatte ich drei Katastrophen-Weihnachten hintereinander. So hatte sie seinerzeit vier Gottesdienste vor sich. Als sie die Kirche betrat, wollte sie dem ersten Menschen, der ihr entgegenkam, frhlich Hallo sagen, aber: Es kam nichts! Die Stimme war weg. Komplett. Ich war zwar leicht erkältet, aber daß meine Stimme sich derart verabschieden würde, war mir morgens nicht klar. Also musste improvisiert und gestikuliert werden, Kirchenvorsteher und andere liebe Helfer wurden mit Handlungszetteln und der Predigt ausgestattet, so daß der Gottesdienst noch gehalten werden konnte. Im Jahr darauf kam die gttliche Prüfung für die tapfere Pfarrerin direkt von oben. Schneeverwehungen machten die Fahrt von Rottorf ins nahe gelegene Groß Steinum unmglich. Ich bin dann einen Riesenumweg gefahren. Es muss der Mut der Verzweiflung gewesen sein, der sie da voran gebracht hat, denn bei solchen Wetterkapriolen hätte gewiss jeder Verständnis gehabt, wenn der Gottesdienst ausgefallen wäre. Ich habe in dem Moment gar nicht darüber nachgedacht. Ich wollte meine Pflicht erfüllen.
Ein Jahr später dann: Glatteis. Ein Albtraum. Damals hat sie für sich beschlossen: Wenn alles glatt läuft, ist es perfekt. Mal Hand aufs Herz: Ist man als Pfarrerin nicht auch heilfroh, wenn Weihnachten mit seinem Predigtmarathon endlich vorüber ist? Nein. Ich liebe Weihnachten!

23 Jahre verkündet Susann Golze nun schon die Botschaft von der Ankunft des Herrn. Verblasst ist diese immer gleiche Geschichte von der Geburt Jesu Christi für sie dennoch nicht. Ich bin kein bisschen weihnachtsmüde. Dass Gott in die Welt gekommen ist - wie ich diese frohe Botschaft an die Menschen weitergeben kann, das fasziniert mich immer noch, das lässt mich nicht los. Dass Gott in die Welt gekommen ist, das bedeutet für mich auch, daß ich mich mit der Welt beschäftige, damit, was gerade in der Luft liegt.

Sie ist nicht gestresst, im Gegenteil: Ich kann es eigentlich kaum noch erwarten, meine Gedanken und überlegungen der Gemeinde vorzutragen. Zudem verdichtet sich die Arbeit einer Pfarrerin eher zwischen Palmsonntag bis nach Ostern, wenn die Konfirmationen gefeiert werden. Die Vorweihnacht ist zwar dicht bepackt mit Adventsfeiern, aber Zeit für ihre kleine Macke findet Golze noch: Plätzchen backen und verschenken. Walnusstaler, Mandelschnitten oder die gehaltvollen Karl-Heinz-Kekse (benannt: einem Bekannten, der Weight-Watcher-Verächter ist)- wer derart bedacht wird, kann sich reich beschenkt fühlen. Ich muss es wissen, ich durfte kosten!
Am Heiligen Abend legt Susann Golze einen normalen Start in den Tag hin. In den vergangenen Jahren hat sie oft noch Post erledigt, Geschenke für ehrenamtliche Mitarbeiter gepackt . Dieses Jahr war man sich einig, das Geld den Flutopfern auf den Philippinen zu spenden. Und ich besuche noch eine sehr liebe ätere Dame, die 85 wird. Sie heißt Christel, ein echtes Christkind. Krippenspiel und drei Gottesdienste hat sie Heiligabend auf dem Plan. Fahrerei zwischen Bortfeld und Wedtlenstedt inklusive. An den Feiertagen geht es weiter. Der hell erleuchtete Baum in der Kirche ist für sie immer wieder überwältigend. In Bortfeld wird ein acht Meter hohes Prunkstück dieser Tage geschlagen. Der reicht eigentlich für zwei Weihnachten, scherzt Golze.

Vor der Christmette um 23 Uhr wird sie mit ihrer Mutter ihr traditionelles Weihnachtsessen genießen: Ragout fin vom Schweinefilet. Und wenn die letzten Lieder gesungen, Putenflügel und -schenke! am Feiertag verspeist sind? Ich versuche mich zu bewegen, ich bin ja eh viel mit dem Rad zwischen Wedtlenstedt und Bortfeld unterwegs. Vielleicht jogge ich auch, und ein paar liebe Freunde werde ich noch anrufen. Zudem schaut sie leidenschaftlich gern Wintersport im Fernsehen. Golze ist nämlich ein echter Sportsgeist, mit blau-gelber Färbung seit der Kindheit im Schatten des Braunschweiger Eintracht-Stadions. Man kann mit ihr auch problemlos über Auf- und Abstiege fachsimpeln...
Und wenn doch mal etwas nicht glatt laufen sollte? Die Predigt am PC abstürzt? Dann wird Susann Golze nicht in Panik geraten. Denn sie lebt in der wunderbaren Gewissheit:

Weihnachten kommt, weil es ohnehin schon passiert ist.